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Warum, so könnte man fragen, verliert das moderne Geld über einen Zeitraum von Jahrzehnten hinweg seinen Wert? Muss dies zwangsläufig so sein? Warum war und ist der Wert des Goldes stabiler? Was haben diese Fragen mit der menschlichen Kommunikation zu tun?

In früheren Jahrhunderten gab es Worte (= Geld), die heute nicht mehr verwendet werden. Zum Beispiel Lassdünkel, Mahlschatz, Lehde und Hälberling. Diese Worte sind wie Währungen unserer Urgroßeltern. Für den alltäglichen Informationsaustausch (= Tauschhandel) sind sie nicht mehr zu gebrauchen und folglich relativ wertlos. Sie haben nur noch einen Liebhaberwert und taugen bestenfalls dazu, sich seinen Zeitgenossen als besonders belesen und gebildet zu verkaufen (= ich glänze mit meinem Wissen und erhöhe dadurch meinen Eigenwert). Oder auch als Kommunikationsmittel (=Tauschmittel) einer Gruppe von Menschen, die sich für diese alte Sprache interessieren. Letzteres entspräche dann einer Gruppe von Numismatikern (=Münzsammlern), die sich treffen, um alte Münzen auszutauschen.

Doch Worte verlieren nicht nur an Wert, weil sie aus dem Gebrauch kommen, sondern auch aus einem anderen Grund. Wir speichern unser Wissen (Information) in Form von Sprache (im weitesten Sinne, denn auch Symbole sind Sprache). Folglich entspricht unser Wissen unseren monetären Ersparnissen. Man spricht ja auch von Wissens- oder Erfahrungsschatz.

Doch was hat es mit diesem Wissen auf sich? Ist es ein zuverlässiger Wertspeicher? Die Antwort hängt davon ab, welches Wissen ich ansammle. So kann Wissen u.U. relativ schnell an Wert verlieren. Es kann aber auch über Jahrhunderte Gültigkeit haben. Ein Blick in Tante Olgas Kaffeekränzchen soll dies wieder veranschaulichen.

Tante Elli, stolz:
„ ... ach übrigens, weil ich gerade das Stichwort Urlaub höre – als ich 1957 mit meinem August in der Toskana war und wir in Florenz über die Brücke ...“

Tante Rosi:
„Neeeeiiiin, nicht schon wieder!!! ... Mensch, Elli, weißt du eigentlich, wie oft du uns diese olle Kamelle schon erzählt hast?“

Tante Elli, kleinlaut:
„Ja, ja, ist ja schon gut ...“

Ein typisches Kaffeekränzchen zeichnet sich eben u.a. dadurch aus, dass die neuesten Informationen ausgetauscht werden. Olle Kamellen werden da nicht besonders wertgeschätzt. Die Erfahrung, die also Tante Elli mit ihrem August vor 50 Jahren in Florenz machte, hat in ihrer subjektiven Einschätzung vielleicht noch einen hohen (Unterhaltungs-)Wert, in der Einschätzung der Gruppe aber nicht mehr. Tante Elli muss plötzlich feststellen, dass dieser Wertspeicher (=Geld) ziemlich wertlos geworden ist (= Geldentwertung).

Doch Wissen kann noch viel schneller an Wert verlieren.

Tante Anna:
„He, Mädels, wisst Ihr schon das Neueste?“

Alle anderen, neugierig:
„Nee, erzähl mal!“

Tante Anna:
„Also, ich komme gerade von Frau Holzapfel und was meint ihr, was die mir erzählt hat?“

Alle anderen im Chor:
„Ihre Tochter ist schwanger!“

Tante Anna, enttäuscht:
„Ihr wisst schon?“

Alle anderen:
„Mensch, Anna, das weiß doch schon das ganze Viertel!“

Doch nun auch ein Beispiel wertbeständigen Wissens.

Tante Rita, völlig hin und weg:
„Ach, ich kann euch gar nicht sagen, wie gut es mir geht. Ich hätte nie gedacht, dass ich mich noch einmal so verlieben könnte. Er ist so charmant, so aufmerksam, so intelligent, so charismatisch, so .... so ... ja, ... so ganz anders als all die anderen Männer, die ich bisher kannte ...“

Tante Berta, emotionslos, trocken:
„Rita!“

Tante Rita, irritiert:
„Äh ja???“

Tante Berta, emotionslos, trocken:
„Auch ein weißer Hengst wirft einen schwarzen Schatten!“

Tante Rita, verunsichert:
„Was willst’n damit sagen?“

Tante Rita:
„Dass du dich nicht für dumm verkaufen (lassen) sollst!“

Im diesem Beispiel empfiehlt Tante Berta Tante Rita, ihre „geistigen Wertanlagen“ (= Wissen) einer Prüfung zu unterziehen, damit sie diese realistischer beurteilt. Diese Empfehlung ist quasi selbst so etwas wie eine Kapitalanlage, da sie Tante Rita u.U. vor einem schweren Verlust  bzw. einer Krise bewahren kann. Die Aussage „auch ein weißer Hengst wirft einen schwarzen Schatten“ ist ein zeitloses Wissen, das man auch als Lebenserfahrung oder Weisheit bezeichnen könnte. Es hat über Jahrtausende Gültigkeit und damit einen bleibenden Wert.

Was hat nun das alte Zahlungsmittel Gold mit dem Wissen früherer Jahrhunderte zu tun?

Und was hat das moderne Geld mit unserem heutigen Wissen zu tun?

Das Wissen der Menschheit war über lange Jahrhunderte relativ konstant. Es kam nicht in dem Tempo neues Wissen dazu, wie dies im 20. Jahrhundert der Fall gewesen ist. Selbst in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts benutzen noch viele Handwerker Werkzeuge und Techniken, die bereits im alten Rom gebräuchlich waren. Ähnliches gilt auch für den Alltag, die Lebensweise und unsere Umwelt. Das Wissen hatte also über Jahrhunderte – genau wie das Gold - einen relativ gleichbleibenden Wert.

Doch genau wie es zu Beginn der Neuzeit eine Bevölkerungsexplosion gab, so nahm auch das Wissen explosionsartig zu. Dies bedeutet aber nun nicht, dass der Mensch plötzlich fähig gewesen wäre, mehr Wissen als seine Vorfahren zu speichern und somit sein Eigen zu nennen. Vielmehr war es so, dass das Wissen in einem immer schnelleren Tempo an Wert verlor, weil es durch neues ersetzt wurde. Und so wie das moderne Wissen an Wert verlor, so verlor auch das moderne Geld an Wert.

Daraus kann man schließen:

Das heutige Geld eignet sich genauso wenig als Wertaufbewahrungsmittel wie unsere Worte und unser Wissen. Es würde sich nur dann als Wertaufbewahrungsmittel eignen, wenn ...

... in unserer Weltgesellschaft das Ehrenwort als Wertmaßstab in den Köpfen der Menschen fest verankert wäre ...

... und ...

... wenn unser Wissen auf Weisheit beruhen würde.  

Denn: Nur, wenn ich mich auf einen Tauschhandel auch ohne Vertrag verlassen kann (Ehrenwort) und nur, wenn dieser Tauschhandel gleichzeitig von weisen Entscheidungen bestimmt wird, kann er für das System als Ganzes den höchst möglichen Nutzen erbringen.

Will man also ein Wirtschafts- oder Geldsystem, von dem die Gesellschaft als Ganzes profitiert, kann dies nur durch einen Wandel der Werte und durch auf Weisheit beruhende Bildung realisiert werden. Beides beginnt im Kopf.